Ein neues Gesicht im Bildungshaus Schloss St. Martin
Christoph Straka – er hat in Graz Erwachsenenbildung studiert und ist seit 2015 im Landesdienst – wird ab November das Schloss St. Martin für ein Jahr interimistisch leiten, da Anna Thaller ein Sabbatical absolviert.
Lieber Christoph Straka, kannst du all jenen, die das Bildungshaus Schloss St. Martin noch nicht so gut kennen, einen kurzen Einblick geben?
Letztes Jahr haben wir 100 Jahre Bildungsarbeit in St. Martin gefeiert, wir bauen also immer auf einen reichen historischen Schatz auf, auf unglaubliche persönliche Leistungen von prägenden Persönlichkeiten. Wir verwalten das Bildungshaus mit 8 Seminarräumen und dem „großen Saal“, die schlosseigene Gastronomie, die eigene Bio-Obstanlage und die Schloss-Kirche, die wie das Bildungshaus im Besitz des Landes Steiermark ist. Zudem bieten wir unseren Gästen Übernachtungsmöglichkeiten im Schloss und die Möglichkeit, die renommierten Weine aus Silberberg zu erwerben. Herzstück unserer Arbeit ist das eigene Bildungsprogramm mit den Schwerpunkten „Allgemeine Erwachsenenbildung“, „Familienbildung“ und „Kunst & Kultur“. Das Programm geht thematisch in die Tiefe und in die Breite, da wir eine größtmögliche Vielfalt der Teilnehmenden erreichen möchten. Als Außenstelle der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik sind wir – unter Federführung der Schulaufsicht für das landwirtschaftliche Schulwesen – zudem verantwortlich für die Weiterbildung der rund 400 Fachlehrer/innen in den landwirtschaftlichen Fachschulen.
Ein neu renoviertes Bildungshaus, 100-Jahr-Jubiläum und dann in den Lockdown … Wie ist das Bildungshaus St. Martin durch die schwierigen Zeiten des Lockdowns und der Einschränkungen gekommen?
Wir teilen die Herausforderungen vieler Bildungsanbieter: Große Flexibilität, Absagen, ein enormer Aufwand an Information und Kundenbetreuung aber auch – und vor allem – im Bereich der Gastronomie und der Reinigung. Aber: Durch den Austausch in der ARGE Bildungshäuser sind wir sehr gut auf die Situation eingestellt. Wir haben ein Sicherheits- und Präventionskonzept erarbeitet, unsere gesamten Abläufe und Vorgaben neu aufgestellt und sehen, dass Bildung weiterhin möglich und gefragt ist. Das individuelle Sicherheitsbedürfnis kann nicht zu 100% gestillt werden, aber zu 99% erhalten wir sehr positives Feedback. Eine Absage ist für uns die letzte Option, auch weil gerade jetzt Bildung und Begegnung notwendiger denn je sind.
Wie viel passiert im Bildungshaus heute online – mit allen Chancen und Herausforderungen?
EEs ist ja bekannt und oft schon diskutiert worden, dass Corona auch ein gewisser Digitalisierungsbeschleuniger war und ist – auch wir haben teamintern die Kommunikation in kurzer Zeit auf digitale Räume beschränkt. Im Bildungsprogramm haben wir gewisse Veranstaltungen digitalisiert und damit eine zusätzliche Öffnung des Angebots erzielen können. Das ist natürlich die Chance, Menschen zu erreichen, die wir ansonsten nicht oder nur sehr schwer erreichen würden. Auch die Nachfrage von Kunden, die unsere Räume buchen, nach Streaming-Technik, nimmt zu. Hier sind wir dann immer auch davon abhängig, wie technikfit der/die jeweilige Referent/in ist. Was wir auch merken: In der Suche nach eigenen Vortragenden für unser Programm wird die Frage der digitalen Kompetenzen immer wichtiger werden. Dadurch steigt aber auch der Aufwand pro Teilnehmendem – das wird auch aus einer ökonomischen Perspektive spannend zu beobachten.
Was macht die Digitalisierung mit einem Bildungshaus, das im Grunde ein Ort der persönlichen Begegnung ist?
Ich denke, dass gerade Bildungshäuser, die, wie gesagt ja von der Begegnung und dem Zwischenmenschlichen leben, ihre Berechtigung daraus erzielen, zum digitalen Raum einen Mehrwert physischer Räume zu bieten. Es muss also für Teilnehmende Sinn machen, auch vor Ort zu sein – den Raum und die Mitmenschen als wesentliche Bestandteile von Bildungsprozessen wahrzunehmen. Wenn dieser Sinn und dieser Mehrwert nicht mehr erkennbar sind, braucht es kein Schloss, kein Haus, keine Küche, kein Vis-a-Vis.
Wird sich im folgenden Jahr durch deine Leitung etwas ändern?
Nun, was wird sich ändern? Ich übernehme ein top aufgestelltes Bildungshaus, das keine Revolution benötigt, sondern Kontinuität. Aber natürlich wird das Themen Digitalisierung an Bedeutung gewinnen. Als weitere Raumerweiterung möchte ich mit meinem Team Formate entwickeln, die außerhalb der Schlosses umgesetzt werden, und gemeinsam mit der Bezirksvertretung in einem partizipativen Prozess den Bildungsbedarf in der unmittelbaren Region erfragen und dann darauf entsprechend reagieren.
Gibt es Bildungsbereiche, die dir persönlich ein besonderes Anliegen sind?
Ja, drei pädagogische Bereiche liegen mir besonders am Herzen: Die Weiterentwicklung der Agrarpädagogika, die Öffnung des Hauses im Sinne der Diversität und der aufsuchenden Bildung, und das politische Element von Bildung. Letzterem liegen so vielen Themen zugrunde – denken wir an die Frage des Konsums, der Ernährung, des Verkehres etc. Es geht überall um die Frage, in welcher Welt wir eigentlich leben wollen und welchen Beitrag wir dazu leisten – in den großen Zusammenhängen und den kleinen Verbindungen.
Lieber Christoph Straka, vielen Dank für den aktuellen Einblick in die Bildungsarbeit im Bildungshaus! Wir wünschen dem Bildungshaus Schloss St. Martin ein erfolgreiches Bildungsjahr und dir im Besonderen viel Kreativität, Ausdauer und Erfolg in der Umsetzung der von dir genannten, gesellschaftlich so relevanten pädagogischen Bereiche, die dir, wie auch uns, am Herzen liegen!
Informationen zum Bildungshaus St. Martin, die Kontaktdaten von Christoph Straka und natürlich das Bildungsprogramm finden Sie hier >
Und noch ein Hinweis: Alle aktuellen Bildungsangebote des Bildungshauses Schloss St. Martin sind auch im Weiterbildungsnavi Steiermark zu finden!