Weiches Wasser bricht den Stein …
Vor einem Jahr wünschte ich uns ein gemeinsames und lautes 2021 – heuer wünsche ich uns allen nach wie vor ein gemeinsames 2022 und füge hinzu: ein versöhnliches, in dem der Diskurs, der Austausch und das Miteinander möglich sind.
Den Winternewsletter des letzten Jahres, also 2020, habe ich unter den Titel „Wer seine Stimme nicht erhebt, bleibt ungehört …“ gesetzt – das Anliegen galt, den Blick auf die „Leisen“ zu richten: auf die vielen Frauen in unserem Land, die tagtäglich in systemrelevanten Bereichen arbeiten und das in den viel zu vielen Fällen un- oder unterbezahlt und ohne Stimme, nahezu unsichtbar.
Hier hat sich in den letzten 12 Monaten nichts Wesentliches verbessert – im Gegenteil, in vielen Bereichen sogar verschlechtert. Und noch immer sind diese vielen sehr leise … im Gegensatz zu einigen Menschen, die insbesondere in den letzten Wochen unglaublich laut wurden – aus verschiedensten Gründen und Motivationslagen – und einige von ihnen unglaublich aggressiv, unversöhnlich, beharrlich Fakten leugnend und nicht gesprächsbereit. Ich gestehe, einige dieser „Lauten“ bereiten mir Sorge und bringen mein grundsätzlich positives Menschenbild in unserer solidarischen und wissensbasierten Gesellschaft doch ein wenig ins Wanken. Nein, diese Entwicklungen sind auf keinen Fall zu ignorieren, zu verharmlosen oder in ihren Konsequenzen für unsere demokratische Solidargemeinschaft zu unterschätzen.
Weihnachten ist die besinnliche Zeit, die Zeit der Liebe, des Miteinanders – wann, wenn nicht jetzt, ist ein Innehalten, ein Nachdenken gefragt. Ein Nachdenken über das, was wichtig ist, und das sind Beziehungen, das ist ein sozialer und solidarischer Umgang miteinander. Überzeugt davon, dass in unserer Gesellschaft die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte ihren Tribut zollen – eine Gesellschaft, die wenig mit Empathie und Solidarität anzufangen scheint, die Konsum als Glücksbereiter verkauft, in der Geiz geil ist, Flugreisen zum Menschenrecht gemacht werden, in der Egozentriker und Narzissten Fakten zu Meinungen machen – bin ich mir sicher, dass diese Entwicklungen nicht unumkehrbar sind. Ein „Besinnen“ auf Menschlichkeit, auf unser soziales Wesen, darauf, dass wir Herausforderungen nur gemeinsam und lernend meistern und auf mittlere Sicht es wie in einem Liedtext ist: weiches Wasser bricht den Stein.
Und wieder einmal sind wir in der Bildung gefragt und es wird an Aufgaben nicht weniger, wohl meist aber mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. In der Steiermark leben die Erwachsenenbildungseinrichtungen das Miteinander und die Kooperation – und doch fehlt es oft an finanziellen Mitteln, um wichtige Bildungsangebote offerieren zu können. Daher haben wir als Team im Bildungsnetzwerk einen neuen Infoservicebereich gestartet – unsere Einrichtungen finden nun einen ersten (und dynamischen) Überblick über mögliche fördergebende Stellen und Themen. Wir hoffen, dass wir mit diesem Service die großartigen Einrichtungen unterstützen können, um die vielen Aufgaben, die auf uns zukommen, zu bewältigen.
Vor einem Jahr wünschte ich uns ein gemeinsames und lautes 2021 – heuer wünsche ich uns allen nach wie vor ein gemeinsames 2022 und füge hinzu: ein versöhnliches, in dem der Diskurs, der Austausch und das Miteinander möglich sind. In dem wir alle wieder klarer sehen, emotional und doch sachlich, basierend auf wissenschaftlichen Fakten miteinander ins Gespräch kommen können. Nur gemeinsam und lernend werden wir die Herausforderungen und Krisen meistern. Auf unser gemeinsames 2022!
Eine schöne und erholsame Zeit zwischen den Zeiten wünscht Ihnen von Herzen,
Ihre Kerstin Slamanig